Strafrecht


Der Zoll sieht alle Formen von Fremdpersonaleinsatz (Werkvertrag, Zeitarbeit, Solo-Selbstständige)sehr kritisch. Wenn der Zoll also Ihr Unternehmen oder Ihre Privatwohnung auf den Kopf gestellt hat, dann sind Sie bei uns richtig.

Der strafrechtliche Bereich wird von uns vor allem dort bearbeitet, wo sich aus dem Einsatz vonFremdpersonal oder Solo-Selbstständigen (sog. Freelancer) besondere strafrechtliche Probleme ergeben.In diesem Zusammenhang wird durch Zoll und Staatsanwaltschaften vielfach eine angeblich unerlaubteArbeitnehmerüberlassung bzw. ein unzulässiger Einsatz von Solo-Selbstständigen (Freelancern)angenommen. Nach Ansicht der Ermittlungsbehörden führt dies regelmäßig zu einer Sozialversiche-rungspflicht in Deutschland. 

In vielen Fällen, die wir betreuen, ist festzustellen, dass die Behauptung von illegaler Arbeitnehmer-überlassung unzutreffend ist. Auch die sich daraus ergebende Rechtsfolge, dass es über §§ 9 u. 10 AÜGzu Arbeitsverhältnissen zwischen den deutschen Auftraggebern der ausländischen Werkvertrags-unternehmen und deren Arbeitnehmern kommt, ist zurückzuweisen. Dies gilt auch für den Vorwurfeiner Hinterziehung von Sozialabgaben, weil diese angeblich nicht gezahlt wurden.

Es ist aus anwaltlicher Sicht erschreckend, in welcher Weise hier mit riesigem Aufwand seitens desZolls und der Staatsanwaltschaften Beschuldigungen gegen rechtlich einwandfrei handelnde Unterneh-mer ausgesprochen und verfolgt werden. Dies geschieht in einem Gebiet, in dem die Abgrenzungzwischen beiden Rechtsinstituten, nämlich der werkvertraglichen Tätigkeit und der Arbeitnehmer-überlassung, äußerst schwierig und problematisch ist.

Zu der angesprochenen Thematik liegen die nachfolgenden Veröffentlichungen von uns vor (auszugs-weise). Zudem bearbeiten die Rechtsanwälte Rothenhöfer und Andorfer in der 3. Auflage vonIgnor/Mosbacher “Handbuch Arbeitsstrafrecht” als Co-Autoren das Kapitel 7 “Illegale Arbeitnehmer-entsendung”. Dieses Kapitel befasst sich thematisch mit den geltenden Branchenmindestlöhnen inDeutschland. 


Die Strafbarkeit von Altfällen illegaler Beschäftigung von Rumänen und Bulgaren im Lichtdes Europarechts, wistra, Heft 11/2014: 

Seit dem 1.1.2014 dürfen Rumänen und Bulgaren im Rahmen der Arbeitnehmerfreizügigkeitunbeschränkt in Deutschland einer beruflichen Tätigkeit nachgehen. Dennoch verfolgen mancheStaatsanwaltschaften Altfälle genehmigungsloser Beschäftigung von Rumänen und Bulgarenvor dem 1.1.2014 mit dem Hinweis, dass bei angeblichen Zeitgesetzen wie § 11 Abs. 1 Nr. 1SchwarzArbG i.V.m. § 284 Abs. 1 III a.F. sich die Strafbarkeit nicht nach dem milderen Gesetzrichte. Bei Regelungsmaterien mit europarechtlichem Bezug greift allerdings derMilderungsgrundsatz aus Art. 49 Abs. 1 S. 3 EU-GR-Charta ein, der nicht unverhältnismäßigbeschränkt werden darf und daher in den angesprochenen Fällen eine Strafbarkeit nach § 11Abs. 1 Nr. 1 SchwarzArbG iVm § 284 Abs. 1 III a.F. verhindert.


Abgrenzung von Werkverträgen und Arbeitnehmerüberlassung durch den Zoll, Steuerberater,Heft 7/2014:

Erhebt der Zoll gegen einen Betriebsinhaber den Vorwurf, anstatt Werkverträge durchzuführenan illegaler Arbeitnehmerüberlassung mitzuwirken, hat das oft gravierende Folgen für dieBetroffenen. Betrieb und Privaträume werden durchsucht, Steuerberaterunterlagenbeschlagnahmt und nicht selten steht der Vorwurf, Sozialbeiträge hinterzogen zu haben, im

Raum. Bei der Abgrenzung von Werkverträgen und Arbeitnehmerüberlassung, werden vom Zollaber nicht selten Kriterien herangezogen, die vor höchstrichterlichen Gerichten keinen Bestandhaben, weshalb betroffenen Unternehmern anzuraten ist, fachkundigen Rat in Anspruch zunehmen.


“Allein auf weiter Flur”, Das OLG Bamberg im Beschluss vom 22.10.2009, BlickpunktDienstleistung, Heft 8/2014:

Seit den Entscheidungen des EuGH zum Fall “Herbosch Kiere” und des BGH zu § 266a StGBbesteht grundsätzliche Einigkeit in Rechtsprechung und Literatur, dass eineEntsendebescheinigung A1 (früher E 101) nicht nur das sozialversicherungsrechtlicheVerhältnis, sondern auch das Bestehen einer arbeitsrechtlichen Bindung für die Behörden desEinsatzstaates bindend feststellt. Allein das OLG Bamberg im Beschluss vom 22.10.2009vertritt die Auffassung, dass durch die Entsendebescheinigung lediglich ein sozialrechtlichesVerhältnis bestätigt wird. Der Artikel “Allein auf weiter Flur” kritisiert dieseAusreißerentscheidung des OLG Bamberg, die in der Praxis zu der absurden Konsequenzführen könnte, dass arbeitsrechtlich ein Verhältnis zwischen einem entsandtenWerkvertragsarbeitnehmer und einem Stammbetrieb über §§ 9 Nr. 1, 10 Abs. 1 Satz 1 AÜGfingiert werden könnte, während das Sozialrecht nicht dem deutschen Recht unterfallen würde.


Anspruch der Sozialversicherungsträger in Deutschland bei der Fiktion eines Arbeitsverhält-nisses, Betriebsberater, Heft 47/2014:

Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz entschied am 28.5.2014, dass keine Verpflichtungeines in Deutschland ansässigen illegalen Entleihers besteht, den Gesamtsozialversicher-ungsbeitrag zur deutschen Sozialversicherung zusätzlich an die deutsche Einzugsstelle zuzahlen, wenn der im Ausland tätig werdende illegale Verleiher den in seinem Staat anfallendenSozialversicherungsbeitrag für Leiharbeitnehmer an die Einzugsstelle in seinem Staat gezahlthat. Nach diesem Urteil kann in Fällen, in denen der Zoll mit Hilfe der DeutschenRentenversicherung zum Ergebnis kommt, dass entgegen einem schriftlich vorliegendenWerkvertrag eine werkvertragliche Abwicklung nicht erfolgt sei, sondern eine illegaleArbeitnehmerüberlassung vorgelegen habe, es nicht zu einer Haftung des deutschenAuftraggebers für Nachzahlungen von Beiträgen an die Deutsche Rentenversicherung kommenkann, wenn das ausländische Unternehmen neben der Lohnzahlung an seine Arbeitnehmer auchdie erforderlichen Sozialversicherungsbeiträge an die Einzugsstelle in seinem Staat erbracht hat.Dies gilt selbst dann, wenn eine A1-Entsendebescheinigung nicht vorliegt.


Die vielfach bewusst übersehene Bedeutung der EUGH-Entscheidung “Herbosch-Kiere”, Blickpunkt Dienstleistung, Heft 11/2012:

Bei grenzüberschreitender Tätigkeit innerhalb der EU werden entsandten Arbeitnehmernaufgrund der VO 883/2004 A1-Entsendebescheinigungen erteilt, die nach dem Urteil des EuGHvom 26.1.2006 (“Herbosch Kiere”) eine sozialversicherungsrechtliche und einearbeitsrechtliche Bindung des Entsandten zum Herkunftsstaat auch für die deutschen Gerichteund Behörden verbindlich feststellt. Daraus folgt, dass bei Arbeiten auf Werkvertragsbasis dieMöglichkeiten einer gesetzlichen Fiktion eines Arbeitsverhältnisses bei angenommener illegalerArbeitnehmerüberlassung über die §§ 9, 10 AÜG entfällt. Ferner hat der BGH in seinemUrteil vom 24.10.2006 - 1 StR 44/06 entschieden, dass auch die deutschen Strafgerichte imHinblick auf § 266a StGB an die Entsendebescheinigungen gebunden sind.



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